Russland bei den Ewenken (2): Wölfe und gebratenes Rentiergeweih als Delikatesse

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Am Lagerfeuer fing Juri an, uns ein wenig über die Ewenken zu erzählen, auf russisch, dass ich leider zu wenig verstand, aber glücklicherweise konnte Natalia alles ins englische übersetzen. Die Ewenken glauben vom Bären abzustammen. Sie betrachten sich als die Nomaden der Taiga. Sie leben in Russland, aber auch in China und einmal im Jahr kommen sie zu einem großen Treffen zusammen. Dann sprechen sie in ihrer gemeinsamen Sprache. Für sie hat der Fluss und auch die Berge einen Gott, der auch für das Glück auf der Jagd sorgt. In den Tieren sehen sie ihre Freunde und so kümmern sie sich liebevoll um die halbwilde Rentierherde. Denn abends verschwindet die Rentierherde kurz vor der Dämmerung im Wald und kehrt im Lauf des Morgen zurück, um Mückenschutz im verrauchten Lager zu suchen. Die Feuer werden extra mit frischem Moos dazu angeregt so viel zu rauchen. Übrigens dem gleichen Moos, das die Hauptnahrung der Rentiere ist.

Ein junges Rentier war heute Nacht von Wölfen attackiert worden und hatte eine große Wunde am hinteren Bein. Karina hat die Wunde ausgewaschen und dann mit einer aufgelösten Tablette beträufelt. In der nächsten Nacht mussten die Rentiere im Lager bleiben, das Gatter, was sonst immer offen stand, wurde verschlossen. Die Wölfe mussten nahe ans Lager gekommen sein, denn ich wachte nachts durch das laute Rufen von Juri, Aljoscha und Anton auf. Die Rentierherde rannte wie verrückt im Gehege auf und ab. Ihre Augen sahen wild leuchtend in die Dunkelheit. Ich beschloss, dass wir in der Rindenhütte, mit einer Tür aus Zeltleinen, vor den Wölfen sicher waren und schlief wieder ein.

Ein wenig erstaunt war ich über die Ernährung. Es gab fast täglich Chinanudeln, dann selbst gebackenes Brot mit Butter und Zuckeraufstrich!!! Auch der Tee war voll mit Zucker. Dann gab es wieder Nudeln mit ganz wenig Zwiebeln, Möhren oder anderem Gemüse. Anton brachte an dem einen Tag frisches Rentierfleisch mit, was übrigens sehr lecker war. Auch gab es eine weitere Delikatesse, wo sich allerdings mein Magen umdrehte. Gebratenes Rentiergeweih! Das Horn eines Jungen Rentiers war gebrochen und musste abgesägt werden. Um das Horn war eine Fettschicht und eine Haut mit Fell. Das abgesägte Horn wurde ins Feuer gehalten und dann die Fettschicht gegessen. Ich probiere vieles, wie schwarzen Skorpion in Thailand, aber dieses hier konnte ich nicht essen. Der Geruch des versengten Fells war schrecklich.

 

An einem der Nachmittage machten wir mit Natalia und Karina einen Ausflug zum Fluss, aber leider hatten wir kein Anglerglück. Die Gegend war mystisch, Menschenleer, einfach nur wild. Ich habe mich nicht getraut, mit Lasse alleine eine Wanderung zu machen. Ich habe ein wenig Angst vor Bären und noch größer war meine Angst, dass wir uns verlaufen könnten und das Lager nicht wieder finden würden. Ich glaube mit einem Erwachsenen an meiner Seite oder auch alleine, hätte ich diese Angst nicht gehabt, aber natürlich wollte ich meine Sohn nicht in Gefahr bringen. Alleine hier zu sein mit unserer Gastfamilie musste Abenteuer genug sein. Karina war 14 Jahre alt und sie war ein Kind der Taiga. Sie hatte weder Angst von Bären, noch sich zu verirren.

Siehe auch:

Russland bei den Ewenken (1): Ankunft im Lager & Millionen Mücken!

Russland bei den Ewenken (3): Ein Lied, ein eiskaltes Bad und Rentiere in der Küche

Russland bei den Ewenken (4): Ein Badesee, der letzte Ritt und zurück in die Zivilisation

Russland – Baikalsee – Insel Olchon (1): Ankunft in Chuschir bei unseren Schlittenhunden

Russland – Baikalsee – Insel Olchon (2): Schamanenfelsen, wir klettern ohne die Götter zu verärgern!

Russland – Baikalsee – Insel Olchon (3): Inselrundfahrt zum Kap Choboi

Russland – Baikalsee – Insel Olchon (4): Baden, Gassi gehen & ein Schamanentanz

Russland – Baikalsee – Insel Olchon (5): Berge zum Klettern, ein Altar mit Tierknochen & ein warmer Badesee


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