Rumänien – Angeln im Donaudelta (3/4) – Sfantu Gheorghe: Der große Regen & Ergebenheit.
Sfantu Gheorghe
Ich hatte ein kleines Fischerdorf inmitten von Schilf, unweit des schwarzen Meeres erwartet, und war nun ein wenig erstaunt, dass es nicht wenige Autos gab. Die Autos konnten natürlich nur im Dorf fahran, denn außerhalb gibt es keine Straßen. Direkt am Fähranleger, gegenüber vom Supermarkt, gab es sogar ein paar Plattenbauten. Zwar nur dreistöckig, aber eben weit davon entfernt so auszusehen, wie ich mir ein kleines Fischerdorf, ohne Straßenverbindung zu größeren Städten, vorgestellt hatte.
Leider hatten all die Familien, wo ich gehofft hatte unterzukommen, schon dicht gemacht für Touristen (es ist Mitte Oktober) und so blieb uns nichts anderes übrig, als im Green Village Resort einzuchecken. Zur Hauptsaison finden hier hunderte Gäste ein Zimmer, einen Zeltplatz oder einen Bungalow, jetzt war es fast ausgestorben. Wir bezogen ein großes gemütliches Zimmer mit Bambusbett und Badewanne. Alles war aus Holz und das Dach ein Reetdach. Abends im Restaurant trafen wir auf die anderen Hotelgäste, nur vier weitere Paare hatte es um diese Jahreszeit hierher verschlagen.
Zum wilden, einsamen Meer waren es bloß 15 Minuten. Was für ein Strand, so wild und ungezähmt reichte er bis nach Sulina, und das waren 30 Kilometer. Ein Geheimtipp für Mitte Oktober, wenn man es menschenleer mag. Zwar konnte man nicht mehr baden, dennoch war es warm genug, barfuß zu laufen.
Aber aus den drei ruhigen entspannten Tagen zum Seele baumeln lassen, wurde auch hier wieder ein kleines Abenteuer, denn in der Nacht fing es ganz ungeheuerlich an zu stürmen und wie aus Kübeln zu gießen. Auch in unser Zimmer regnete es richtig rein. Im Schlaf vernahm ich ein Tröpfeln, dass an Lautstärke zunahm und welches ich im Halbschlaf dann irgendwann nicht mehr dem Sturm, der draußen tobte, zuordnen konnte. An mehreren Stellen tropfte es von der Decke. So viel zu einem Reetdach. Der ganze Hotelgarten stand etwa 30 cm unter Wasser. Zwischen unserem Zimmer und dem Restaurant befand sich nun ein kleiner See, durch den wir am nächsten Morgen waten mussten.
Mein Freund hatte seine Blinkerbox am Tag vorher am Steg vergessen. Er ist dann in den Regen hinaus, an die Donau, und konnte seinen Augen nicht trauen, denn all die Holzfischerboote hatte der Regen versenkt. Sie waren samt Motor einfach unter gegangen. So stand dann auch er bis zum Bauchnabel im Wasser und half den Fischern ihre Boote an Land zu ziehen und umzudrehen.
Auch bei uns im Hotel wurde, sobald der Regen ein wenig nach lies, sofort an den Sturmschäden gearbeitet. Als erstes wurde versucht das Wasser aus dem Gartengelände abzupumpen, um weitere Bäume am Umfallen zu hindern. Eine umgefallene Weide wurde zersägt, so dass sie nicht das Haus beschädigen konnte und dann auf die Straße für die Kühe geworfen. Wir durften in ein anderes Zimmer umziehen, das war nett, aber der nächste Regen zeigte, dass auch dieses Zimmer nicht trocken blieb. Immerhin rückte das gesamte Hotelpersonal zum wischen an.
Erstaunlich war, dass es trotz Sturm recht warm war. Es war kein Problem, barfuß durch die Überschwemmungen im Garten zu laufen und machte auch noch Spaß. Und noch eine schöne Erfahrung in diesem Regen, war diese Ergebenheit, die sich bei uns einstellte. Da die Fähren nicht so fuhren, wie wir gedacht hatten (wir mussten in 2 Tagen schon wieder in Bukarest am Flughafen sein), hatten wir uns ein kleines Privatboot bestellt, was aber bei diesem Wellengang und Regen unmöglich hätte nach Mahmudia fahren können. Und wie schon gesagt, auf dem Landweg kommt man hier nicht weg, außer 30 km zu Fuß am Strand entlang. Ich liebe dieses Gefühl, sich den Umständen hingeben zu müssen und dann einfach das, was gerade in diesem Moment ist, zu genießen. Das tut mir sehr gut, denn im Alltag in Berlin mit meiner Praxis und den Kids bin ich ständig am handeln und versuche zu regeln und zu checken und mich zu kümmern. Nun waren mir die Hände gebunden und es gab nichts weiter zu tun, als hier mit meinem Liebsten und den anderen nassen gestrandeten Paaren in diesem Restaurant zu sitzen, sich eines leckeren Kaffees zu erfreuen, ein gutes Frühstück zu genießen und staunend in die Wassermassen zu blicken, die vom Himmel herunterstürzten. Herrlich!
Als der Regen gegen Mittag für einige Zeit aufhörte, liefen wir durch das Dorf Sfantu Gheorghe, gefolgt von unseren neuen Hundefreund auf Zeit (also solange es Aussicht auf eine Dose Büchsenfleisch gab). Sämtliche Gemüsegärten hatten sich in kleine Seen verwandelt, auch einige Autos standen im Wasser. Aber mein Eindruck war, dass die Bewohner an solch Ereignisse schon gewohnt waren, oder eben diese Gelassenheit den Umständen, die sich nicht ändern ließen, praktizierten. Wir wunderten uns allerdings über die einfache Bauweise der Häuser und auch unseres Luxusresorts. Denn im Winter gab es hier nicht nur Regen, sondern auch Frost und eiskalte Winde, die vom Meer aufs Land pusten. Und dann in diesen teils recht windschief zusammen geschusterten Häusern auszuharren, ist sicher nicht immer einfach.
Wir schafften natürlich den Rückweg zum Flughafen. Und auch nicht mit dem kleinen Privatboot, was vermutlich sehr kalt und feucht geworden wäre und mit 120€ auch ganz schön teuer, sondern mit einer Fähre, von der die Rezeptionistin nichts gewusst hatte, weil sich ab Oktober die Fahrpläne geändert hatten. Ich habe schon so oft die Erfahrung gemacht, dass in Augenblicken wo man denkt: „das wars jetzt“, es hinterher viel besser kommt, als man es jemals für möglich gehalten hatte. Übrigens auch ein Glaubenssatz, den man sich einprogrammieren kann, damit im Leben einiges besser läuft: „Wenn es ganz schlimm erscheint, dann wird es am Ende viel besser als jemals gedacht. Denn das Universum sorgt für uns.“ Dieser Satz, den ich verinnerlicht habe, führt dazu, dass ich Situationen, in denen nicht alles rund läuft mag und mir immer schon zu Beginn denke: „Ich bin so gespannt, wie das wohl ausgehen wird.“
Wir fuhren den Weg bis Ghermanesti, nahe dem Flughafen in Bukarest, in einem durch. Natürlich wieder mit einer kurzen Pause an der Autofähre bei Braila. Keine Sorge, das ist ganz einfach und gut ausgeschildert. Man fährt einfach Richtung Fluss, biegt dann rechts dem Schild Richtung Fähre folgend auf einen kleinen Weg ab, bezahlt an einer Hütte für die Überfahrt und sieht dann schon, wo es weiter geht, meist stehen schon andere Autos da und warten. Dann geht alles recht schnell, ein wenig eng ist es und tiefer gelegte Autos setzen schon mal auf, aber unser Mietwagen war nicht so sportlich. Auch der Weg auf der anderen Flussseite war geprägt von tiefen mit Regenwasser gefüllten Schlammlöchern, aber auch das meisterten wir und waren insgesamt eine halbe Stunde später auch schon wieder auf der Hauptstraße. Und ab hier wurde die Fahrt langsam ungemütlicher, da immer mehr LKW´s und Autos Richtung Buzau, Ploiesti und Bukarest unterwegs waren. Statt die Endlose Weite der Felder fuhren wir nun durch die Schluchten der Plattenbausiedlungen. War auch interessant. Und sogar ohne Navi, nur mit Karte, haben wir unseren Weg gefunden.
Und das ist auch Rumänien:
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Rumänien – Angeln im Donaudelta (4/4) – Easy Peasy Learn Romanian – Wir sind Rumänen, aber keine Zigeuner
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