Rumänien – Angeln im Donaudelta (2/4) – Murighiol (Angeltour): Speedboot, Schnaps, und große Herzen.

Murighiol angeln im Donaudelta

Angeltour auf rumänisch

Am zweiten Tag haben wir mit Jonut, oder John wie er für uns hieß, eine unvergessliche Angeltour ins Delta gemacht. Murighiol liegt am südlichsten der drei Donauarme und von hier kann man mit dem Boot viele Seen und kleine Flüsse erreichen. Mit an Bord waren Sebastian, ein rundlicher, waschechter Rumäne mit einer irren Lache und Tiberio, der schickere der beiden mit gegelten Haaren und fescher Sonnenbrille. Beide waren Polizeibeamte in Transsilvanien und beste Freunde, aber „no Homo“ wie Sebastian lachend verkündete.

Es war ja schon Herbst und darum echt kalt. Wir starteten dick eingemummelt in vier Pullischichten plus Outdoorjacke und Regenhose mit Mütze und Tags zuvor in Tulcea erstandenen Anglerhandschuhen um etwa sieben Uhr früh mit unserer Angeltour ins Delta. Zum Tanken wurde kurz an einem mobilen Tankschiff gehalten und dann ging es ab, in den vermutlich kitschigsten, knallroten Sonnenaufgang, den ich je erlebt habe. Überall auf dem Wasser hing noch der Frühnebel, der dann teilweise auch rosarot erschien und immer wieder Graureiher ausspuckte. Zwei noch nicht gen Süden gezogene Pelikane konnten wir auch bestaunen. Es war schon echt kalt, aber dank der vielen Stoffschichten war es auszuhalten.

Am See angekommen packten alle ihre Angeln aus und tatsächlich, Sebastian war der erste, der einen kleinen Hecht aus dem Wasser zog. Noch untermaßig hatte er allerdings Glück und flog zurück in den See. Dann zog mein Freund einen viel größeren Hecht aus dem Wasser. Pech für den armen Kerl, denn der hatte die perfekte Abendessensgröße. Erstaunlicherweise brach Jonut ihm nur kurz den Rücken. In Deutschland gibt es andere Bestimmungen. Hier muss der Fisch erst betäubt und dann sorgfältig getötet werden. Ganz persönlich ist es mir wichtig, den Fisch, den ich angle, auch zu essen, oder falls ich ihn nicht mag, dann bekommen ihn die Hunde oder Katzen. Sportangeln finde ich dagegen recht merkwürdig und einen Fisch tötet, einfach nur so finde ich absolut daneben. Für jeden Fisch bedanke ich mich beim Schöpfer oder Universum mit einem kleinen Gebet. So, wie es die Kirgisen taten, als sie ein Schaf für uns geschlachtet haben. Übrigens schicke ich auch für jede Pflanze, die ich ernte, ein Gebet gen Himmel oder Mutter Erde. Ich würde mir wünschen, dass immer mehr Menschen wieder so achtsam und dankbar werden. So muss es doch mal gewesen sein. Da können wir uns eine ganze Menge von den Ureinwohnern und Indianern abschauen.

Ich glaube Sebastian fing gegen 9.00 Uhr an, die erste Flasche Selbstgebrannten kreisen zu lassen. Wenn ich sein Rumänisch mit zwei Wörtern englisch und einem halben Wort deutsch gespickt richtig verstanden habe, dann brennt er zu Hause den etwa 60 prozentigen Schnaps aus Früchten. Fünf Flaschen (ausgediente Wasserplastikflaschen) entstehen in zwei Tagen Arbeit. Zu dem Schnaps gab es dann Bier zum Frühstück. Ich trinke ja sehr gerne Bier, aber morgens? Es war übrigens tatsächlich leichter morgens in Rumänien ein Bier zu bekommen als eine heiße Schokolade (also mein Freund hat keine bekommen). In all den kleinen rumänischen Kaffees saßen morgens schon die Männer und haben Bier getrunken, zu saftigen Preisen, €1,50 die 500 ml Dose. Und Nachmittags auch und Abends auch….

Aber der Schnaps und das Bier machte auch unsere Bootstour immer lustiger. Was für ein herrliches Gefühl mit dem Speedboot übers Wasser zu gleiten, ein Gruppe von Schwänen flog neben uns, Blesshühner rannten aufgeschreckt über das Wasser ins rettende Schilf. Ganz ehrlich, die kannten das schon. Ich kannte diese Speedbootfahrten auch schon von meinem ersten Besuch im Donaudelta. Es ist Lebensfreude pur.

Plötzlich trafen wir auf zwei Fischer, die im Schilf versteckt arbeiteten. Von wegen Naturschutz und der Schilfgürtel darf nicht betreten werden. Wie oft war der hier umgeknickt, damit Boote besser hielten oder ein Zelt am Ufer Platz fand. In Deutschland unmöglich. Die zwei Fischer legten Netze zusammen und leerten die Reusen. Und natürlich wurde kurz angehalten zum quatschen und wieder machte die typische Plastikflasche mit selbst gebranntem Schnaps die Runde. Diesmal vom Fischer, etwas anders im Geschmack, aber auch lecker, nur dass es einem die Speiseröhre weg brannte.

In Schlangenlinien und voll Speed ging es zu unserem nächsten Angelplatz. Die Stimmung war toll. Wir alle holten einen Barsch nach dem nächsten aus dem Wasser und mittlerweile war das Wetter auf T-Shirt Temperatur gestiegen. Bis das nächste Boot hielt und wieder der Selbstgebrannte kreiste.

Wie wir dann abends den Weg heim geschafft haben, weiß ich nicht mehr so genau. Jonut erschien jedenfalls nicht zum Abendessen und schlief bis zum nächsten Morgen. Mein Freund und ich grillten mit den beiden Rumänischen Polizisten und es war lustig und auch ein wenig fremd. Der Schnaps führte dazu, dass wir ganz schnell in ihren Herzen Platz gefunden hatten. Es war eine wunderbare Erfahrung, wie viel man mit nur wenig gemeinsamen Wörtern ausdrücken kann. Mit Händen und Füßen und viel Gelächter haben wir den ganzen Abend geplaudert. Und immer wieder wurde uns versichert,wie lieb sie uns haben.

Eine Sache allerdings blieb ungeklärt. Mein Freund und ich hatten uns riesig auf den ganzen Fisch gefreut, aber die beiden Jungs legten fast nur Fleisch auf den Grill und unseren Hecht. Dagegen kauften sie am nächsten Morgen kiloweise Hechte und Karpfen direkt vom Fischer, packten sie in den Kofferraum ihres schnittigen Audis und fuhren heim in die Karpaten.

 

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Buchempfehlungen für Rumänien:

Never Mind the Balkans, Here’s Romania Eine liebevolle Vorbereitung auf Rumänien anhand von lustigen Kurzgeschichten, die einen guten Einblick in das rumänische Leben bieten. In leicht zu verstehendem Englisch, von Mike Ormsby.
The Rough Guide to Romania Mal wieder der Rough Guide, aber auch für Rumänien meiner Meinung nach einer der besten Reiseführer. Er ist vom Gewicht her leicht, viel leichter als der Reise Know How oder der aus dem Michael Müller Verlag und sehr gut strukturiert. Natürlich auch wieder auf englisch.
Rumänien Reiseführer Michael Müller Verlag: Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps (MM-Reiseführer) Auf deutsch und richtig einladend zum schmökern, ist der Rumänienreiseführer aus dem Michael Müller Verlag. Viele Informationen und Bilder machen richtig Lust darauf, Rumänien zu erkunden. Obwohl er ein Taschenbuch ist, ist er recht schwer und für Backpacker, die aufs Gewicht achten, vielleicht nicht geeignet. Als Vorbereitung auf die Reise zu Hause, fand ich ihn richtig klasse.
Reise Know-How Landkarte Rumänien, Moldau (1:600.000): world mapping project Die Landkarten von Reise Know How sind strapazierfähig und feuchtigkeitsfest. Gerade für die Planung der Reiseroute, finde ich Landkarten zum anfassen schöner, als bei Google Maps zu gucken. Und unterwegs, wenn mal die Internetverbindung streikt, wie im ländlichen Rumänien, hat sie uns gute Dienste erwiesen.               Langenscheidt Sprachführer Rumänisch  Meiner Ansicht nach der beste Sprachführer, alles ist leicht zu finden und die Sätze kann man wirklich gut gebrauchen. Auch die Aussprache war gar kein Problem und ihr glaubt gar nicht, wie sehr die Menschen sich freuen, wenn man sich die Mühe macht und versucht in ihrer Sprache zu sprechen. Das kann echt Türen zu den Herzen der Menschen öffnen.

Hier geht es weiter mit unserer romantischen Angeltour durchs Donaudelta:

Rumänien – Angeln im Donaudelta (1/4) – Donaudelta – Angeltour – Anreise – Unterkunft                         
Rumänien – Angeln im Donaudelta (3/4) – Sfantu Gheorghe: Der große Regen & Ergebenheit
Rumänien – Angeln im Donaudelta (4/4) – Easy Peasy Learn Romanian – Wir sind Rumänen, aber keine Zigeuner

Oder interessiert Dich das magische Transsilvanien? 

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Dezember 16th, 2016

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