Belize (2/3): Blue Creek – Besuch bei Judy und John, einer Mennoniten-Familie. „Hard work, strong ethics & deep roots.“

San Felipe Belize Mennoniten by Birgit Strauch Bewusstseinscoaching & Shiatsu

Die Überfahrt von Livingston in Guatemala nach Punta Gorda war ein Abenteuer. Ich hatte geglaubt, dass wir mit einer Fähre, oder einem größeren Boot fahren würden, statt dessen fuhren wir in einem kleinen Bötchen über das offene Meer, wo wir über die Wellenkämme klatschten, dass ich dachte, dass Boot würde in der Mitte durchbrechen. Mit Rettungsweste und unter einer Plane gegen die spritzende Gischt, sowie den aufmunternden Worten, die ein Familienvater an sein Kind richtete, überstand ich allerdings schweißgebadet auch dieses Abenteuer.

Mit wankenden Beinen in Punta Gorda angekommen, erfuhr ich dass ein Bus nach Belize City etwa eine Stunde später abfahren würde, irgendwo beim ATM vor dem Supermarkt. Ich frage mich nach dem ATM durch und bekam einen ersten Eindruck von diesem kleinen Hafenstädtchen am südlichsten Ende von Belize. Viele Männer, weiße wie schwarze tranken schon Mittags ihr Bierchen. Ich wurde von vielen eingeladen, mich dazu zu setzen. Ich hatte so ein wenig das Gefühl, dass den meisten hier echt langweilig war. Ein junger Mann mit herrlich schwarzen Locken, erklärte mir den Weg zum ATM und als ich ihn später vor dem Supermarkt wieder traf, bekam ich von ihm auch noch ein ganz eindeutiges und fast ein wenig verlockendes Angebot einer gemeinsamen Dusche und Massage. Ja, hübsch war er und nett auch. Aber ich hatte schon mein Busticket und außerdem befürchtete ich, wenn ich mit ihm gegangen wäre, hätten meine Kamera, Laptop und Geldgürtel Beine bekommen. Abgesehen davon bin ich überhaupt nicht der Typ für solche Arten von Abenteuern.

Die Busfahrt nach Belize City war ein Erlebnis. Reggaemusik drang aus den Lautsprechern, während immer mehr Typen, die in den 80gern in der Bronx hätten leben können,  einstiegen, sich mit Handschlägen begrüßten und laut, cool und mich ignorierend, lachend irgendwelche Neuigkeiten austauschten. Irgendwann sprach mich eine ebenso coole Frau mit Sonnenbrille, tiefer Stimme und einem breiten englischen Akzent an, leider konnte ich ihr nicht so recht folgen. Ich tat mich ein wenig schwer mit der Mentalität, war ich doch aus Guatemala Zurückhaltung, Wertschätzung und Freundlichkeit gewohnt, so schlug mir hier eine gewisse Härte, Extrovertiertheit und Lautheit entgegen, an die ich mich erst gewöhnen musste.

Glücklicherweise las ich im Reiseführer, dass man in Belize City unbedingt ein Taxi nehmen soll und nach Anbruch der Dunkelheit südlich des Flusses nicht mehr herumlaufen sollte. Diesen Ratschlag beherzigte ich und lies mich einfach in eines der im Reiseführer empfohlenen Hotels, dem Bakadeer Inn fahren. Es war das teuerste Zimmer der Reise mit fast 60€, zählte aber durch die Hellhörigkeit und dem Fenster zum Hof, wo jeder dran vorbei lief, mit zu den schlechtesten. Als ich dort ankam, riet man mir ab, noch einmal raus zu gehen, das wäre viel zu gefährlich und Restaurants gäbe es hier auch nicht. Aber ich konnte beim Chinesen etwas bestellen. Naja, auch diese Nacht würde vorüber gehen. Meine Nachbarn waren laut, das Essen furchtbar und die Filme im Fernsehen alle schlecht, obwohl wenigstens auf englisch.

Am nächsten Morgen arbeitete die Inhaberin selbst an der Rezeption und sie rief sogar für mich in Blue Creek Village, bei Judy und John (Tel.: 3230155), einer Mennonitenfamilie an, um sie von meinem Kommen in Kenntnis zu setzen. So erfuhr ich, dass ich bis San Felipe einen Bus nehmen könnte, dann aber die restlichen 20 Km trampen müsste.

Ich freute mich sehr auf diese Begegnung. Die Mennoniten interessierten mich nicht nur aus religiösen Gründen, sondern sie sollten auch eine Art altes deutsch sprechen. Ich war sehr gespannt. Leider gibt es für Euch so gut wie keine Photos. Ich habe die Begegnung und die Gespräche so sehr genossen, dass es sich irgendwie falsch anfühlte, Fotos wie auf einer Sightseeing Tour zu machen.

Von Belize City ging es nach Orange Walk. In dieser sympathischen Stadt gab es die absolut besten Tacos am Busbahnhof, die ich auf der ganzen Reise aß. Dann machte ich mich auf die Suche nach dem Bus nach San Felipe, fand ihn schnell, denn die Busse waren gut beschriftet. Er sollte auch in fünf Minuten abfahren und war schon recht gut besetzt. Irgendwie war niemand da, der mir sagen konnte, wohin mit meinem Rucksack und ich fand auch die Menschen im Bus wenig hilfreich. Ein Mann stellte sich schlafend, so dass ich nicht neben ihm sitzen konnte, eine andere Frau nahm ihre Tüten einfach nicht weg. War das so? Lehnten mich die Leute hier ab? Ich war ein wenig unsicher. Eine Frau im hinteren Teil des Busses allerdings lud mich dann ein, mich neben sie zu setzen. Auch der Ticketverkäufer erschien mir weitaus unfreundlicher als die in Guatemala.

Ich bin blond und habe blaue Augen. Die Mennoniten sind auch alle blond und haben sich eine Art Imperium auf dem Hügel erschaffen. Nur ein paar mexikanische Arbeiter beschäftigten sie. Lehnten mich die Menschen im Bus darum ab?

Nach einer guten Stunde hielt der Bus in San Felipe und ich stand wie ausgespuckt, alleine auf einer breiten, einsamen Strasse. Es hätte mir nichts aus gemacht, eine Weile zu laufen. Beim ersten Auto, dass mich nach etwa fünf Minuten überholte, drehte ich mich noch nicht mal um. Aber schon der zweite Wagen stoppte vor mir und Vater und Tochter fragten mich, ob sie mich mitnehmen könnten. Das war mal wieder so einfach. Immer wieder erstaunten mich diese glücklichen Begebenheiten. Diese Reise stand einfach unter einem guten Stern, denn überall kamen die hilfsbereiten Geschenke nur so zu mir geflogen.

Das erste was ich in Blue Creek sah, waren die Rinderherden und die vielen Pferde. Judys Haus hatte ich auch schnell gefunden, es lag wie ein Schloss oben auf dem Hügel, der aufgehenden Sonne zu gewand. Judy war eine super freundliche, gesundheitlich etwas angeschlagene 73 jährige Frau, die mich in ihr Haus bat und mehrfach entschuldigte, dass sie gar nicht so viel Zeit haben werde. Dann brachte sie mich zu den Hillside Cabanas, wo ein wirklich gemütliches Zimmer (etwa 40 US$) auf mich wartete. Die Aussicht über das Tal war eindrucksvoll.

Am Nachmittag kam mich George, ein Freund von Judy besuchen, den sie gebeten hatte, mir ein wenig von der Geschichte von Blue Creek Village zu erzählen. Was für eine Gastfreundschaft! Vor etwa 60 Jahren, als George 14 war, kam er mit ein paar Mennonitenfamilien hier her. Das gesamte Land, wo heute die Rinderherden weiden, war Dschungel gewesen. Sie arbeiteten jahrelang mit Macheten, später mit Baggern gegen den Dschungel an. In den Familien starben viele Kinder an Krankheiten… Die ersten Jahre waren sehr hart gewesen. Aber heute ginge es ihnen gut, sie hatten sogar ein eigenes kleines Krankenhaus.

Und davon konnte ich mich später überzeugen, denn Judy holte mich zu einer Rundfahrt in ihrem privaten PKW ab. Leute, würdet ihr das für einen Fremden tun? Sie zeigte mir die Kirche, die Schule und dann die ganzen Farmhäuser, wo viele Familien lebten mit riesigen Grundstücken, alle besaßen moderne Autos, Landmaschinen und Pferde. Die Straßen hätten sie selber gebaut, die Regierung von Belize hätte nichts dazu getan. Auch gab es eine Tankstelle, einen Baumarkt und einen Supermarkt, der ihrer Tochter gehörte, eines von ihren 10 Kindern. Enkel hatte sie bereits Scharenweise, die ich auch teilweise zu Gesicht bekam. Und was für ein merkwürdiges Erlebnis, hier in diesem Ort waren die Menschen alle blond und weißhäutig. Nur ein paar mexikanisch aussehende Arbeiter waren zu sehen. Es war eine andere Welt hier, wohlhabend, US-Amerikanisch oder europäisch.

Ganz im Gegensatz zu den viel strengeren Mennoniten, die keine Fahrzeuge benutzen dürfen und an ihren Latzhosen, Strohhüten und blauen Kleidern und ausgezehrten, meist harten Gesichtern, gut zu erkennen sind, waren hier die Menschen wie bei uns gekleidet. Unterwegs habe ich viele der extremen Mennoniten gesehen, auch in Mexiko. Mein Eindruck allerdings war, dass sie sich durch die Härte der extremen Regeln unter denen sie leben, jegliche Lebensfreude verbieten und so meist sehr unfreundlich dreinblickten. Von fehlender Lebensfreude war in Blue Creek nichts zu merken. Es war ein Ort, mit Dorfidylle, ein wenig zu perfekt für meinen Geschmack. Gerne hätte ich noch ein wenig mehr erfahren.

Der Ort hatte mit seinen 750 Einwohnern auch einen eigenen Flughafen, an dem am nächsten Morgen ein reger Betrieb von kleinen Maschinen zu beobachten waren, die immer wieder starteten, um die Felder zu besprühen. Das machte mich sehr nachdenklich. Musste Reichtum immer so entstehen, dass Menschen ausgebeutet oder die Umwelt geschädigt wurde? Wenn ich mir vorstellte, was die Menschen hier geleistet hatten, um die Felder, Häuser, Strassen und Weiden dem Dschungel abzuringen. Aber gleichzeitig machte es mich unglaublich traurig, dass hier mal Dschungel war, den es nun nicht mehr gab, und all die Tiere einfach verschwunden und ausgerottet waren. Dass es Reisfelder geben musste war klar, aber brauchten wir wirklich diese riesigen Rinderherden?

Ich fühlte mich bei Judy und John sehr gut aufgehoben. Nachts hatte ich Besuch von einem Opossum, das sieht man ja auch nicht alle Tage. Es hatte sich im Mülleimer selbst gefangen und kam alleine nicht mehr raus. Bevor es unter Judys Machete endete, befreite ich es natürlich. Dazu stellte ich mich auf einen Stuhl und schubste dann die Mülltonne um, so ein wütendes, vor Angst beißendes Opossum hätte ich nur ungerne an meinen Hosenbeinen hängen gehabt.

Am Morgen beim gemeinsamen Frühstück, schloss mich John in das Tischgebet mit ein. Sie freuten sich immer über Besucher, mussten nur Beide leider an diesem Tag nach Belize City und John sogar ins Krankenhaus nach Cancun. Aber Judy und ihre Tochter nahmen mich den ganzen Weg zurück mit nach Orange Walk, wo ich dann nach einer weiteren Portion leckerer Tacos, einen Bus nach Corozal, einem skurrilen Fischerort an der mexikanischen Grenze nahm.

Meine Buchempfehlungen für Belize:

The Rough Guide to Belize: with Tikal and Flores

Belize – Geschichten,: gesponnen in einer anderen Welt

Reise Know-How Landkarte Guatemala, Belize (1:500.000): world mapping project

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Meine Mexiko/Guatemala/Belize-Reise begann in Mexiko:

Mexiko 2017 (1/6) – Cancun – Isla Mujeres: Meeresschildkröten, Fregattvögel & eine Massage mit Meeresbriese.

Mexiko 2017 (2/6) – Bacalar, das Dorf an der Lagune Bacalar: Ruhe, Staunen, Hundefreunde – ein kleines Paradies.

Mexiko 2017 (3/6) – Bacalar: Eine Bootsfahrt über die wunderschöne klare Lagune der sieben Farben.

Dann über Belize:

Mexiko – Belize (1/3) – Guatemala 2017: Von Bacalar (Mexiko) über Belize nach Flores (Guatemala) in 11 Stunden.

nach Guatemala:

Guatemala 2017 (1/15) Flores im Lago Peten Itza: Cool Beans & San Telmo, bunte Kaffees zum Relaxen.

Guatemala 2017 (2/15) – Lago Peten Itza, El Remate & Biotop Cerro Cahui: Klares, kaltes Wasser, ein Fuchs (El Zorro gris) & ein kleiner Tukan ( Tucancillo Collarejo).

Guatemala 2017 (3/15) – Tikal: Nasenbären (Coatis), eine Vogelspinne, Brüllaffen & das Erwachen des Dschungels inmitten eindrucksvoller Mayaruinen.

Guatemala 2017 (4/15) – Chisec und die Höhlen von Bombil Pek: Endlich abseits des Touristenpfades, das Abenteuer beginnt! Tolle Hügellandschaft, wunderbare Menschen & angekommen im echten Guatemala.

Guatemala 2017 (5/15) – Lagunas de Sepalau bei Chisec: ein Waschsalon mit Aussicht, Leben auf dem Dorf in Guatemala.

Guatemala 2017 (6/15) – Laguna Lachua: Mehr Paradies geht nicht! Hier bracht man zum Fische beobachten keine Taucherbrille, so klar ist das Wasser.

Guatemala 2017 (7/15) – Barillas: Über das Busfahren & eine quirlige Kleinstadt in den Bergen Guatemalas.

Guatemala 2017 (8/15) – San Rafael la Independencia:  Kühe, Pferde, Esel, Schafe und ein ganz besonderes Geschenk für mich!

Guatemala 2017 (9/15) – Über San Miguel Acatan nach Tres Caminos:  Durch die wilden Berge der Cuchamatanes.

Guatemala 2017 (10/15) – Todos Santos Cuchamatan: Hier kann man relaxen, wandern und Männer in weiß-rot-gestreiften Hosen bestaunen.

Guatemala 2017 (11/15) – Sacapulas: Die Brücke am Fluss & ein romantisches Hotel in Guatemala-Original-Style.

Guatemala 2017 (12/15) – Lanquin / Semuc Champey: Traumhafte Natur-Swimming Pools im Dschungel.

Guatemala 2017 (13/15) – Biotop Chocon Machacas – Rio Dulce: ein Fluss voller Magie!  Meine Felsendusche, jede Menge Pelikane & ein Tag in der Hängematte

Guatemala 2017 (14/15) – Rio Dulce nach Livingston: Dschungel, Flussfahrt und Pelikane, Pelikane, Pelikane und Fregattvögel.

Guatemala 2017 (15/15) Livingston: Eine lebhafte Stadt an der Flussmündung zum karibischen Meer.

Von Guatemala über Belize:

Belize 2017 (2/3): Blue Creek – Besuch bei Judy und John, einer Mennoniten-Familie. „Hard work, strong ethics & deep roots“
Belize 2017 (3/3) – Corozal: Ein traumhaftes Meer, aber niemand ist drin!?!

Zurück nach Mexiko:

Mexiko 2017 (4/6) – Tulum: Traumfänger, Mayaruinen & eine typische Traveller Stadt. Herrlich zum Souvenir-Shoppen!

Mexiko 2017 (5/6) Coba: Ruinen, Cenotes (Höhlen mit Pools) & das Restaurant el Cocodrilo am See.

Mexiko 2017 (6/6): Playa del Carmen: 1h vom Flughafen Cancun entfernt – das mexikanische Mallorca.


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